Warum unternehmerisch denken als Freelancer wichtig ist

Viele Journalisten landen erst einmal in der Freiberuflichkeit. Meist nicht gewollt, sondern da der Markt es hergibt. Damit sind sie keine Angestellte, sondern selbstständige Unternehmer. Und so müssen sie sich am Markt positionieren und Gewinne erzielen. Doch wie geht das?

Es ist nun genau vier Jahre her. Da stand ich mit dem Abschlusszeugnis der Journalistenschule auf dem Arbeitsmarkt. Noch den Fuß in einer Anstalt des Öffentlichen Rechts fühlte es sich an, als ständen mir alle Wege offen. „Ich kann jetzt voll loslegen“, dachte ich. Die Kollegen äußerten sich zufrieden über meine Arbeit. Alles war gut. Bis die ersten Schwierigkeiten kamen.

Ich schickte Exposés und sie wurden genommen. Inhalt und meine bisherige Umsetzung waren also gut. Doch dann versanken meine Skripte in den tiefen der Mail-Fächer. Erst später verstand ich, dass es mir an zwei Dingen fehlte: selbstbewusstem Auftreten und hartnäckigem Nachhaken. Auf eines war ich nämlich nicht vorbereitet. Als Unternehmer zu agieren und mich und meine Themen zu verkaufen. Auch wenn Volkswirtschaft Teil meines Studiums war, ich hatte nicht gelernt, meinen eigenen Wert zu erkennen, zu errechnen und den Nutzen meiner Arbeit für andere zu benennen. Was mir also fehlte, war das Know-How für Akquise und das Klinken putzen. Doch das braucht es, um sich in dem Markt der vielen Journalisten durchzusetzen.

Was braucht also ein Journalist als Unternehmer?

Positionierung

Was möchte ich anbieten, was sind meine Themen? Diese Frage habe ich mir zu Beginn nicht gestellt. Ich hatte zwar die Ausbildung zur Wirtschaftsjournalistin, aber so richtig gereizt haben mich Aktienkurse, Finanzen und Unternehmertum nur am Rande. Ich suchte erst mal Kontakt zu Redaktionen, die mich und die ich kannte. Thematisch lagen da Welten zwischen meinen Arbeiten. Ich war froh über Aufträge und machte mir keine Gedanken, was ich eigentlich will. Doch beim Arbeiten habe ich schnell gemerkt, was ich nicht will, ob Themen oder Prozesse.

Erst spät stellte ich fest, dass ich mich spezialisieren muss – besonders um gut darin zu sein, was ich mache. Zudem, warum sollten Redaktionen meine Themen kaufen, wenn sie sie selber realisieren können. Ich brauchte also etwas, das meinen Marktwert ausmacht – etwas das nicht alle können. Das kann ein Fachwissen, Kontakte oder die Art sein, Themen aufzubereiten.

Dazu hilft es, diese Gedanken aufzuschreiben. Welche Art von Texten und Aufträge wünsche ich mir? Wie finde ich das richtige Thema? Wie soll der Umgang mit den Redakteuren aussehen? Was ist mir wichtig?

Kunden

Ist das Profil und das Ziel klar, muss ich dies an den Kunden bringen. Dafür muss ich mich darüber informieren, welche Kunden passen? Welche Kunden können genau meine Arbeit gebrauchen?

Dazu musste ich mich mit dem Markt beschäftigen. Also: Welche Themen sind in den Redaktionen gefragt? An welcher Stelle fehlt Know-How? Wo ist mein Talent gewünscht? Dazu hilft es auch Stellenausschreibungen zu beobachten. Auch hier kommunizieren Redaktionen ihren aktuellen Bedarf.

Damit lässt sich herauskristallisieren, welchen Nutzen ich dem Gegenüber bieten kann. Denn erst der Nutzen lässt sich verkaufen. Was ist die hauptsächliche Motivation, einem Externen einen Auftrag zu geben?

  • Arbeitsentlastung
  • Expertenwissen oder
  • eine tolle, schnelle und sichere Schreibweise

Also: Je besser ich mir ein Bild über mein Gegenüber mache, desto spezifischer und passender kann mein Angebot sein.

Einstellung

Ich habe lange gejammert. „Die Branche zahlt schlecht, sie ist überschwemmt, es ist schwierig Fuß zu fassen.“ Doch jammern bringt nichts. Ich biete als Selbstständige ein Produkt an. Und dieses muss ich an den Abnehmer bringen. Wird mein Produkt nicht nachgefragt, muss ich es verändern und so an den Markt anpassen, dass es gefragt wird. Auch hier ist es wichtig, den Markt genau zu beobachten. Denn unternehmerisch denken heißt: nicht jammern und in Schockstarre verfallen, sondern Nischen suchen, in denen noch Geld bezahlt wird.

Investition

Wenn sich ein gutes Smartphone verkaufen soll, dann muss es immer auf dem neuesten Stand bleiben. Ein iPhone 4 würde sich heute nicht mehr verkaufen. Daher müssen Unternehmen – nicht nur die Technologieunternehmen immer in das neueste Know-How investieren. Auch der Journalismus ändert sich ständig. Begonnen mit Printprodukten sind immer mehr digitale Wege hinzugekommen. Meine ehemalige Journalistenschule – ursprünglich reine Print-Schule – hat sich mittlerweile auch auf eine multimedia-Ausbildung erweitert. Denn was bringen die besten Zeitungstexte, wenn niemand mehr die Zeitung haben will? Wie ändert sich das Nutzungsverhalten und wie kann ich dort Qualität vermitteln? Diese Frage finde wichtig. Daher investiere ich als Unternehmerin in mein Wissen über die neuesten Wege. Mehrere Schulungen im Jahr sind meine Investitionen in mein Produkt.

Feedback

Wenn es freien Journalisten und Autoren nicht gelingt, Kunden zu binden, und sie nicht an die Konkurrenz zu verlieren, stehen sie schnell ohne Folgeauftrag da.  Ich helfe mir mit einem Feedback. Alleine der Umstand, dass die Kunden nach ihrer Meinung gefragt werden, stellt sie zufrieden und stärkt die Kundenbindung.

Der ideale Zeitpunkt um den Kunden zu fragen, wie er den Text, das Video oder das Produkt fand, ist die Phase direkt nach der Abgabe. Waren Sie zufrieden? Gab es Leserbriefe, Feedback in den sozialen Medien? Gibt es etwas, das ich beim nächsten Mal besser machen kann? Das kann auch dazu führen, den Käufer und den Redakteur auch nachträglich in seiner Kaufentscheidung zu bestätigen und auf diese Weise die Bindung zu vertiefen.

Auf unzufriedene Rückmeldungen kann ich dadurch aktiv reagieren und muss so nicht selber die negative Wertung abwarten. So schaffen Journalisten nicht nur Kundenloyalität, sie können ihre Kunden in zufriedene Stammkunden verwandeln.

80/20 

„Der Text ist noch nicht rund. Da muss ich noch mal ran.“ Wie oft saß ich schon vor meinen Produkten und wollte es noch besser machen. Doch hat es am Ende der Kunde bemängelt? Meistens nicht. Wichtig, ist das richtige Maß. Vor allem bei entsprechender Honorierung. Stattdessen sollte ich die eigene Arbeit „nur“ etwas besser machen, als der Kunde sie erwartet und auch nur die Jobs übernehmen, die effektiv und profitabel umsetzbar sind.  Das 80/20 Prinzip nehme ich mir gerne zu Herzen. Es besagt, dass es oft schon mit nur 20 Prozent Einsatz 80 Prozent des angepeilten Ergebnisses erreicht. Das braucht viel Erfahrung, an der auch ich noch wachse.

Firmenkonto

Einzelunternehmen und Kleinunternehmer sind zwar nicht zu einem Geschäftskonto verpflichtet, aber ich würde das jedem empfehlen. Es trennt klar privat und geschäftlich. Und auch für das Finanzamt lässt sich die Einnahmen-Überschussrechnung hiermit leicht erstellen. Zudem hat das Firmenkonto einen psychologischen Effekt. Zu Beginn habe ich mir ausgerechnet, welches Gehalt ich im Monat wirklich „nur“ benötige. Direkt nach dem Studium war das recht gering. Diese Summe überweise ich mir auf mein Privatkonto. Sie liegt weit unter dem Gehalt, das bei den Honoraren nach Steuer- und Sozialabgaben übrig bleibt. Damit erreiche ich zusätzlich eine hohe Sparquote und kann auch davon einige zum Beispiel in Schulungen investieren.

Geduld

Man wird nicht über Nacht erfolgreich, auch wenn das  immer wieder in Medien berichtet wird oder heute auch Influencer die sozialen Medien mit ihrem Erfolg überrennen.

Um als Selbständiger erfolgreich zu sein braucht es einen langen Atem und Ausdauer.

 

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